undercover rock and metal
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Die Italiener Walk In Darkness stellen zum Ende eines, in vielerlei Hinsicht außergewöhnlichen Jahres, ihr drittes Meisterwerk vor. „On The Road To Babylon“ ist ein episches, düsteres und gleichermaßen mitreißendes Metal-Album geworden.

Walk In Darkness haben ihren Weg 2015 begonnen, gegründet von Mastermind Shaman. Der hochtalentierte Gitarrist und Songwriter hat seine Band ursprünglich, als Gothic-Metal-Band ins Leben gerufen. Mit den Jahren sind hier aber noch viele weitere Einflüsse hinzugekommen. Die Spanne reicht inzwischen bis hin zum Symphonic Metal, macht aber auch vor gelegentlichen Ausflügen in den Melodic Death nicht Halt. Eine großartige Verschmelzung der Musik-Stile, kombiniert mit lyrischen Ideen, die von der Apokalypse, über Science-Fiction, bis hin zu realen, aus besonderen Blickwinkeln betrachteten Themen gehen. Stets im finsteren, mystischen und sehr emotionalen Gewand vertont und getextet. Der größte Glücksgriff des geheimnisvollen Multitalents, ist ohne jede Frage, Sängerin Nicoletta Rosellini, die bereits von Beginn an mit dabei war. Die wunderschöne Italienerin, ist vielen von euch vielleicht auch als Frontlady der Symphonic-/Melodic-Metal-Band Kalidia bekannt. Das zweite Standbein bekommt ihr sehr gut. Mit ihrer warmen, kräftigen und extrem wandlungsfähigen Stimme, gelingt es Nicoletta in Perfektion, die düsteren Stimmungen von „On The Road To Babylon“ einzufangen und umzusetzen. Ich könnte mir dafür keine bessere vorstellen. Neben Nicoletta Rosellini und Shaman stehen bei Walk In Darkness auch noch in Diensten Bassist Monkey Key und Drummer Arcanus. Für elektronische Spielereien aller Art zeichnet Tio Frank alias Organus verantwortlich. Als Gäste auf „On The Road To Babylon“ konnten Growler Emiliano Pasquinelli, der eigentlich fast schon ein vollwertiges Band-Mitglied ist und Jungtalent Elisabetta Bettini für die Halb-Ballade „My Restless Wings“, gewonnen werden. Emiliano ist übrigens auch bei den beiden ersten Walk In Darkness-Alben, für die gutturalen Gesänge verantwortlich gewesen.

Es gibt ein paar Dinge, die ich an diesem Album herausragend finde und die „On The Road To Babylon“ für mich auch ziemlich einzigartig machen. Neben der schon angesprochenen Stil-Kombination und der, grad in diesen eh schon merkwürdigen Zeiten, sehr finsteren Ausrichtung, gefällt mir der wirklich versierte Mix des Albums besonders gut. Ich habe selten eine Scheibe gehört, die mit den Stimmungen der einzelnen Songs so gut spielt. Bis ins letzte Detail werden, bedingt durch die Produktion und das Songwriting, die Emotionen derart heraus gekitzelt und der Zuhörer bis zur aller letzten Minute, auf eine unvergessliche Reise mitgenommen, dass es kaum Superlativen gibt, das ausreichend zu beschreiben. Ich gebe euch vor dem Genuss noch den Tipp, hört euch das neue Walk In Darkness-Meisterwerk am besten mit Kopfhören an, schließt die Augen und lasst euch fallen. Die Musik wird euch tragen, versprochen!

„The Sound Of Rain“ ist als Einstieg schon ein guter Beweis, was ich mit der fantastischen Produktion meinte. Ruhiger Beginn mit schönem Chor, dann geht es wuchtig los. Emiliano Pasquinelli’s Growls gewaltig aber dennoch leicht im Hintergrund gehalten, sehr wirksam für den Ausdruck des Songs. Nicoletta’s wundervolle Stimme im Vordergrund, trägt das Stück mit allen emotionalen Wendungen. Genial! Der Titel-Track startet halbakustisch, düster, voller Melancholie. Emiliano dann wieder mit finsteren Growls und als ob es nicht noch intensiver gehen würde, steigt Nicoletta beim Refrain wieder ein, mit eindringlicher, fast schon hypnotisierender Stimme und führt so, den Zuhörer „On The Road To Babylon“. Für mich einer der ausdrucksstärksten und großartigsten Songs, die ich in diesem Jahr gehört habe. Wenn man sich drauf einlässt, Gänsehaut pur! „Walk On The Sky“ startet mit feinem Gitarrenspiel von Shaman, begleitet von Arcanus‘ unheilschwangeren Drums und entwickelt sich zu einem tollen Midtempo-Epos, der gehobenen Klasse. Wie bei den meisten Stücken, ist die Kombination aus wuchtigen, teils flotten Melodic-Death-Elementen und ruhigen, düsteren Gothic-Momenten, auch bei „On The Moon Or On Mars“ das geeignete Rezept, um dem Song nicht nur die richtige Stimmung, sondern auch die dramaturgische Spannung zu verleihen. Eine epische Hymne, die ihres Gleichen sucht. Absolut überragend! „Nothing“ wurde schon vor etwa einem Jahr, als Single inkl. Video veröffentlicht. Das Lied hat damals schon Hoffnung auf ein weiteres Mega-Album der Italiener gemacht. Erwartungen vollends erfüllt! „In The Mists Of Time“ startet flott mit starkem Drum/Gitarre-Spiel. Ein paar klare männliche Vocals leiten den Song ein, ehe dann Nicoletta mit ihrer traumhaften Stimme das Ruder übernimmt. Ein sehr opulenter Refrain rundet dieses fantastische Stück gelungen ab. „My Restless Wings“ würde ich dann so halbwegs als Ballade bezeichnen, wenn auch nicht 100%ig. Hier steht Nicoletta Rosellini, die ebenfalls hochtalentierte Elisabetta Bettini, mit ein paar Vocals zur Seite. Die beiden Stimmen ergänzen sich großartig und gemeinsam schaffen es die Damen, diesen eh schon sehr emotionalen Song, bis ans Limit zu singen. Shaman‘s wunderbare Gitarrenarbeit und die großartigen Arrangements vervollständigen dieses Album-Highlight. „Time To Rise“ sorgt textlich für ein wenig Aufbruchsstimmung. Auch dieses Lied wurde bereits 2019 vorab mal als Single auf den Markt gebracht. Ein, ich sag mal, friedlicher Beginn, mit Shaman‘s toller Gitarrenmelodie, nimmt den Zuhörer mit auf einen Weg, raus aus der Lethargie. Musikalisch und gesanglich mit Bravour umgesetzt. Hier zeigt Nicoletta Rosellini, dass sie auch ein wenig rockig kann. Ganz starke Gesangsleistung der hübschen Italienerin. „Critical System Failure“ macht den Abschluss eines denkwürdigen Albums. Erneut eine beeindruckende Kombination aus mystisch anmutenden, sehr stimmungsvollen Melodiebögen, akustischen Passagen, untermalt von fetten Gitarrenriffs und getragen von Nicoletta’s einzigartiger Stimme. Bravissimo!

Walk In Darkness haben zum Ende dieses, im Besonderen für die Musik-Branche und allen die darin involviert sind, extrem schwierigen Jahres, ein unfassbar starkes Album veröffentlicht. Die düstere und schwermütige Grundstimmung spiegelt den aktuellen Zeitgeist sicher auch ein bisschen wider und mit Stücken wie „Time To Rise“ ist dann aber auch jeder gefordert nach vorne zu schauen, weiter zu machen und nicht die Hoffnung zu verlieren. Es werden wieder bessere Zeiten kommen, ganz bestimmt.

Gratulation an Nicoletta RoselliniShaman und den Rest von Walk In Darkness, zu einem wunderbaren Album, das für mich persönlich, zu einem ganz außergewöhnlichen Highlight in 2020 geworden ist. Mille grazie! In diesem Sinne „Let’s get rocked, not infected!“

From Undercover Rock and Metal 10/12/2020